Martin Rother in der COMPUTERWOCHE: PRINCE2® – Was bringt die neue Version?

COMPUTERWOCHE-Serie „PRINCE®

Dieser Artikel von Fachautor Martin Rother stellt den zweiten Teil einer dreiteiligen COMPUTERWOCHE-Serie dar, die sich mit dem Projekt-Management-Standard „PRINCE®“ beschäftigt.

  • Teil 1: Was ist eigentlich PRINCE2®?
  • Teil 2: Was bringt die PRINCE2®-Version 2009 Neues?
  • Teil 3: Was unterscheidet PRINCE2® von den Konkurrenten?

Martin Rother informiert exklusiv über die neue Version PRINCE2® 2009 .

Das Wichtigste zuerst:

Bei der Überarbeitung handelt es sich nach wie vor um PRINCE2®. Die Methode hat sich nicht wesentlich verändert, es wurden hauptsächlich Verbesserungen in der Darstellung vorgenommen – nach dem Motto „Evolution statt Revolution!“ Weltweit wird für PRINCE2® ein „Issue Log“ gepflegt. Dort kann jeder Einträge vornehmen, der Anmerkungen zu PRINCE2® zu machen hat. In regelmäßigen Abständen findet dann ein „Refresh“ statt; darin werden alle im Issue Log erfassten Punkte durchgearbeitet. Unter der Leitung des britischen Office of Government Commerce (OGC) begann im November 2006 das Refresh-Projekt, das zur Version von 2009 führte.

Die berücksichtigten Anmerkungen bezogen sich unter anderem auf die folgenden Aspekte:

  • Das Handbuch ist zu umfangreich.
  • Wir brauchen mehr Anleitungen statt Anordnungen.
  • Es sollten auch andere Medien, zum Beispiel das Internet, einbezogen werden.
  • Sinnvoll ist eine Integration mit den anderen OGC-Methoden (für das Programm- und Risikomanagement).
  • Die Zusammenhänge mit anderen „Bodies of Knowledge“ (beispielsweise PMBOK) müssen klar werden.
  • Gebt uns mehr Hilfe für die Anpassung an verschiedene Projektsituationen.
  • Die Version 2005 umfasst zu viele Management-Produkte.
  • Mehr Fallbeispiele und Online-Hilfen wären hilfreich.
  • Die Einbeziehung der „Soft Skills“ fehlt.

Anhand dieser Liste wird bereits klar: Das Refresh-Projekt war sehr umfangreich. Es bezog mehr als 170 Organisationen und Personen ein.

Für Projekt-Manager und Lenkungsausschüsse

Die wichtigste Neuerung der Version 2009 besteht darin, die Methode in zwei Bücher aufzuteilen:

  1. Managing successful Projects with PRINCE2® (für Projekt-Manager) und
  2. Directing successful Projects with PRINCE2® (für Lenkungsausschüsse).

Grundlage für die Ausbildung nach PRINCE2® ist immer noch der „Managing“-Band. Er wendet sich hauptsächlich an Projekt-Manager, Team-Manager und Projektunterstützung. Der „Directing“-Band hingegen ist nicht Bestandteil der Ausbildung und Zertifizierung, sondern unterstützt die Lenkungsausschüsse und die Projektsicherung bei ihrer Arbeit.

Managing successful Projects with PRINCE2®

Das Handbuch beantwortet die Fragen, die ein Projekt- oder Team-Manager oder ein Mitglied der Projektunterstützung haben mag. Das sind vor allem die folgenden:

  • Was wird von mir erwartet?
  • Welche Aufgaben hat ein Projekt-Manager?
  • Was mache ich, wenn es nicht nach Plan läuft?
  • Welche Entscheidungen werden von mir erwartet?
  • Welche Informationen brauche ich oder muss ich liefern?
  • An wen muss ich mich wann konkret wenden?
  • Wie kann ich PRINCE2® an meine Projektsituation anpassen?

Das neue Handbuch legt die Betonung noch stärker auf den Nutzen eines Projekts, insbesondere darauf, wie sich der Nutzen verfolgen und messen lässt. Außerdem wurde die Schnittstelle zum Programmmanagement deutlicher dargestellt.

Directing successful Projects with PRINCE2®

Dieser Begleitband dient dem Lenkungsausschuss oder der Projektsicherung als Referenzdokumentation. Er beschreibt, was in jeder Phase des Projekts benötigt wird, wer für was verantwortlich ist und wie das Projekt gesichert werden kann. Auch hier werden die Fragen beantwortet, die die Zielgruppe beschäftigen. Sie lauten wie folgt:

  • Was wird von mir erwartet?
  • Was kann ich vom Projekt-Manager erwarten?
  • Wie stelle ich fest, ob der Projekt-Manager PRINCE2® korrekt anwendet?
  • Wie kann ich Aufgaben an den Projekt-Manager delegieren, aber dennoch die Kontrolle behalten?
  • Welche Entscheidungen werden von mir erwartet?
  • Welche Informationen sind verfügbar, und welche benötige ich, um Entscheidungen zu treffen?
  • Wie müssen wir PRINCE2® an die jeweilige Projektsituation anpassen?
  • Wie setzt sich ein effektiver Lenkungsausschuss zusammen?

Der Lenkungsausschuss kann den Begleitband als Nachschlagewerk verwenden. Dort finden sich detaillierte Anleitungen zu den einzelnen Aspekten eines Projekts.

Das Beispiel des Vorbereitungsprozesses

Der Unterschied zwischen den beiden letzten PRINCE2®-Versionen lässt sich gut am Prozess „Vorbereiten eines Projekts“ demonstrieren. Er hat die Aufgabe, zu klären,

  • ob das Projekt sinnvoll ist,
  • wer sich an Bord befindet,
  • wie der Lösungsansatz aussieht,
  • welche Kriterien das Projekt am Ende erfüllen muss,
  • welche Ausschlüsse und welche Risiken es gibt.

Dieser Prozess liegt vor dem eigentlichen Projekt, ja sogar vor der Planung. Alle hier gewonnenen Informationen werden später überarbeitet und detailliert.

Vorbereiten eines Projekts

Der Prozess wurde von Version 2005 zu Version 2009 kaum verändert. Einige ehemalige Subprozesse wurden zusammengefasst und diverse Aktivitäten hinzugenommen. Der Output ist nahezu derselbe wie vorher, doch wurden die Informationen in nur noch zwei Management-Produkten zusammengefasst: in der Projektbeschreibung und dem Plan der Initiierungsphase. Vorher waren die Informationen in deutlich mehr Produkten untergebracht. Die neue Version bietet hier also eine hilfreiche Vereinfachung.

Folgendes hat sich im Vorbereitungsprozess geändert:

  • Das „Informieren der durchführenden Organisation über die Existenz eines neuen Projekts“ wurde in den zugehörigen Autorisierungsprozess verschoben. Und da hat es eigentlich immer schon hingehört.
  • Der Prozess wird nach wie vor über das Projektmandat angestoßen, das allerdings kein Management-Produkt von PRINCE2® mehr ist, sondern nun vom Unternehmens- beziehungsweise Programm-Management abstammt.
  • Das Risikoregister (früher: Risikoprotokoll) wird nicht mehr innerhalb dieses Prozesses erstellt.
  • Der Auftraggeber ernennt nun den Projekt-Manager. Dabei wird auch das Projekttagebuch angelegt.
  • Neu hinzugekommen ist die Aktivität „Vorhandene Erfahrungen erfassen“. Das war in der Praxis immer schon notwendig, jetzt ist es auch offiziell erforderlich.
  • Ebenfalls neu ist das Management-Produkt „Entwurf des Business Case“. Vor der Version 2009 war nicht eindeutig, wann er eigentlich erstellt wird. Jetzt ist festgelegt, dass in der Vorbereitung des Projekts eine Vorstufe entsteht, der eigentliche Business Case aber während der Initiierung entwickelt wird.

Dieses Beispiel steht stellvertretend für die vielen hilfreichen Klärungen und Vereinfachungen der neuen Version. Die Nummerierung der Subprozesse wurde aufgegeben, weil es früher Missverständnisse darüber gab, ob sie sequenziell oder iterativ verwendet werden müssen. Aus meiner Sicht ist die jetzige Version in diesem Punkt aber nicht viel besser. Sie verwendet Pfeile, die genauso wie eine Nummerierung wirken können. Zudem kann man sich die Aktivitäten schlechter merken, seit sie nicht mehr nummeriert sind.

 

Die beiden Versionen im Vergleich

 

Bereich

PRINCE 2005

PRINCE 2009

Prinzipien

Keine
Sieben Prinzipien

Themen/

Komponenten

Acht Komponenten:
– Business Case
– Organisation
– Pläne
– Steuerungsmittel
– Risikomanagement
– Qualität in einer Projektumgebung
– Konfigurationsmanagement
– Änderungssteuerung
Sieben Themen:
– Business Case
– Organisation
– Qualität
– Pläne
– Risiken
– Änderungen
– Fortschritt

Prozesse

Acht Prozesse:
– Planen eines Projekts
– Vorbereiten eines Projekts
– Lenken eines Projekts
– Initiieren eines Projekts
– Steuern einer Phase
– Managen der Produktauslieferung
– Managen der Phasenübergänge
– Abschließen eines Projekts
Sieben Prozesse:
– Vorbereiten eines Projekts
– Lenken eines Projekts
– Initiieren eines Projekts
– Steuern einer Phase
– Managen der Produktauslieferung
– Managen der Phasenübergänge
– Abschließen eines Projekts

Sub-Prozesse

45 nummerierte Subprozesse einschließlich vorgegebener Aktionen
40 Aktivitäten einschließlich empfohlener Aktionen, nicht nummeriert

Techniken

Drei Techniken:
– Produkt-basierende Planung
– Qualitätsprüfung
– Änderungssteuerung
Zwei Techniken:
– Produkt-basierende Planung
– Qualitätsprüfung
(Querverweise auf andere „Bodies of Knowledge“ einschließlich „Soft Skills“)

Projektumfeld

Nicht beschrieben
Umfangreiche Anleitungen zum Anpassen der Methode an unterschiedliche Projektsituationen einschließlich:
– Projekte in Programmen
– Wirtschaftliche Kunden- und Lieferantenbeziehungen
– Projekte mit mehreren Eigentümern
– Zusammenarbeit mit anderen Lifecycle-Modellen und „Bodies of Knowledge“
– Projektskalierung

Management-Produkte

36 Management-Produkte
26 Management-Produkte mit ausführlichen Anleitungen zu ihrer Entwicklung und Kombination

Rollen

Zehn Rollen:
– Lenkungsausschuss
– Benutzervertreter
– Auftraggeber
– Lieferantenvertreter
– Projekt-Manager
– Team-Manager
– Projektsicherung
– Projektunterstützung
– Konfigurations-Administrator
– Projektunterstützungs-Büro
Acht Rollen:
– Lenkungsausschuss
– Benutzervertreter
– Auftraggeber
– Lieferantenvertreter
– Projekt-Manager
– Team-Manager
– Projektsicherung
– Projektunterstützung
Jeweils eine Beschreibung der Kompetenzen
Die Rollendefinitionen des Lenkungsausschusses enthalten den Abschnitt „Pflichten und Verhalten“

Checklisten

Komponenten-basierende Checklisten
Prozess-basierende Checklisten
Governance-Checklisten gemäß APM-Governance-Regeln

Anleitungen für den Lenkungsausschuss

Eingebettet ins Manual, orientiert am Projektmanager
Rollenspezifische Anleitungen für das leitende Management (Sponsoren oder Lenkungs-ausschuss) einschließlich:
– Was macht einen „guten“ Lenkungsausschuss aus?
– Empfohlene Agenda für Lenkungsausschusssitzungen
– Checklisten für die wesentlichen Entscheidungen in einer Lenkungsausschusssitzung
– Verantwortlichkeiten vor und nach einem Projekt

 

Die neue Ausbildungsstruktur

Die Struktur der Ausbildung und der Examina bleibt unverändert. Es gibt nach wie ein „Foundation“- und ein „Practitioner“-Examen. Alle alten Examina bleiben gültig. Das Foundation-Examen gilt ohnehin lebenslang, das Practitioner-Examen muss alle fünf Jahre rezertifiziert werden. Das ist ab dem 1. Januar 2010 nur noch in der neuen Version möglich.

PRINCE2® 2009 Foundation-Examen

Das neue Foundation-Examen setzt sich wie folgt zusammen:

  • Die Prüfung umfasst 75 Fragen.
  • Fünf davon sind Testfragen, die nicht in die Wertung eingehen (für den Kandidaten nicht erkennbar).
  • Fünf Fragen sind im Listenstil abgefasst. Alle Antworten werden bewertet, zum Beispiel a) 1,2,3 oder b) 2,3,4.
  • Des Weiteren gibt es fünf verneinte Fragestellungen (Was ist es NICHT?).
  • Fünfmal wird nach Wort- oder Satzergänzungen gefragt.
  • Und die restlichen 60 Fragen inklusive der Testfragen haben eine Standard-Multiple-Choice-Form: Eine Antwort von vieren ist richtig.
  • Für das Bestehen des Examens ist es notwendig, mindestens die Hälfte der Fragen richtig zu beantworten.

PRINCE2® 2009 Practitioner-Examen

Die Darstellung bleibt gleich (hinsichtlich Szenario-, Fragen- und Antwortheft). Das Examen umfasst neun Fragen, zwölf Punkte pro Frage, also 108 Punkte insgesamt. Allerdings müssen heute 55 Prozent statt 50 Prozent der möglichen Punkte erzielt werden. Und dafür hat der Prüfling auch nicht mehr drei, sondern nur noch zweieinhalb Stunden Zeit. Die alten Examina werden übrigens noch bis zum Ende des Jahres angeboten.

Die QRP stand uns während der gesamten Implementierungsphase von PRINCE2 und darüber hinaus als zuverlässiger und flexibler Partner zur Seite. Der Qualitätsanspruch von QRP, das große fachliche Know-how und nicht zuletzt das anwenderbezogene Training in der Methode PRINCE2 haben uns überzeugt!

Joachim Kohl, Leiter Wissensmanagement, J&M Management Consulting AG.