Der Erfolg von Projekten darf nicht dem Zufall überlassen werden. Die Projektmanagement-Methode PRINCE2 in der Unternehmenspraxis.

Einleitende Worte

Der Erfolg von Projekten darf nicht dem Zufall überlassen werden, ein „hit and miss“-Ansatz birgt zu hohe Risiken. Erfolgreiche Projekte dürfen keine Einzelleistungen bleiben und Erfahrungen müssen gesichert werden. Dieses Potenzial gilt es auszuschöpfen. Die englische Regierung, hier die OGC, begann vor mehr als 25 Jahren mit der Entwicklung der Projektmanagement-Methode PRINCE2®. Die Abkürzung steht für „PRojects In Controlled Environments“. Im Lieferumfang von PRINCE2® befinden sich Techniken, Komponenten, Prozesse, fertige Dokumente und -vorlagen für den täglichen Gebrauch.

Der hohe wirtschaftliche Druck, der auf den Unternehmen lastet, sorgt dafür, dass Optimierungspotenziale identifiziert und ausgeschöpft werden müssen. Die Fähigkeit eines Unternehmens, Änderungen effektiv und effizient umsetzen zu können, ist entscheidend für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens. Der Weg von der Strategie bis zur Operation führt fast immer über Projekte. Die Fähigkeit eines Unternehmens, Projekte erfolgreich durchzuführen, entscheidet langfristig über dessen Zukunft.

Methodenmüdigkeit

In der Vergangenheit haben viele Unternehmen schlechte Erfahrungen mit der einen oder anderen Projektmanagementmethode gemacht. Die Ursachen dafür können vielfältig sein, die mit Abstand am häufigsten genannten Argumente heißen: „Die Methode ist für unsere Bedürfnisse überdimensioniert“ oder „In der Theorie gut, aber für unsere Praxis nicht geeignet.“ Eine Methode, die diese Nachteile nicht hat, muss anpassungsfähig sowie einfach und leicht zu erlernen sein. Schlechte Erfahrungen mit einer Methode führen leider oft dazu, dass in Projekten nun überhaupt keine Methode verwendet wird.

Stand der Entwicklung bei PRINCE2

International

Die Methode PRINCE2® wird seit über 25 Jahren weiterentwickelt und gilt mittlerweile international als De-facto-Standard. Im Mutterland der Methode, Großbritannien, wurden seit 1996 bereits über 150.000 Personen mit einer PRINCE2®-Zertifizierung gezählt. Ebenfalls weit verbreitet ist die Methode in den Niederlanden, und die Ableger britischer und niederländischer Konzerne sind aufgefordert, ihren Mutterunternehmen diesbezüglich zu folgen und PRINCE2® als Methode für ein effektives Projektmanagement einzusetzen.

Deutschland

Auch in Deutschland entwickelt sich die Methode PRINCE2® mehr und mehr zum Standard im Projektmanagement. Bis Mitte 2006 wurden in Deutschland von der APMG, der Zertifizierungsbehörde für PRINCE2®, bereits 1045 Personen mit einer PRINCE2® Foundation-Zertifizierung und 217 PRINCE2® Practitioner-zertifizierte Personen gezählt.

Besonderheiten von PRINCE2

Charakteristika von PRINCE2®

PRINCE2® ist eine echte „Best Practice“-Managementmethode und dies bedeutet, dass nur Verfahren, die sich in der Praxis bewährt haben, in die Methode aufgenommen werden. Sie liefert definierte Aufgaben (Prozesse), Komponenten und Techniken. Verantwortlichkeiten werden geklärt, Dokumentenvorlagen und Healthchecks bereitgestellt und damit das Handwerkszeug für die Durchführung von Projekten geliefert.

Die Methode ist skalierbar und für jede Projektgröße und für alle Arten von Projekten geeignet. PRINCE2® liefert das Handwerkszeug für die Durchführung von Projekten. Durch die Bereitstellung einheitlicher Begrifflichkeiten bringt PRINCE2® eine gemeinsame Sprache ins Projekt.

Die Methode geht von einer Kunden-Lieferanten-Umgebung aus und installiert einen Lenkungsausschuss über dem Projektmanager, bestehend aus Auftraggeber, Benutzer- und Lieferantenvertreter.

Der wirtschaftliche Nutzen eines Projekts ist immer die Ausgangsbasis der Betrachtungen von PRINCE2®. Der Business Case hat bei PRINCE2® eine zentrale Bedeutung. Er dient dem Lenkungsausschuss als Steuerungsinstrument und ist die wichtigste Informationsquelle für ein Projekt. Der Auftraggeber des Projekts ist der Eigentümer des Business Case. Er kann die Erstellung und Pflege zwar z. B. an den Projektmanager delegieren, aber es obliegt der Verantwortung des Auftraggebers, dass der Business Case laufend auf seine Gültigkeit hin überprüft wird. Kein Projekt sollte nach PRINCE2® ohne einen zufriedenstellenden Business Case unternommen werden. Der Auftraggeber bekommt mit dem Business Case ein wirksames Steuerungsinstrument in die Hand. Die wichtigste Frage, ob das Projekt eigentlich sein Geld wert ist, kann damit beantwortet werden.

PRINCE2® präferiert die produktbasierte Planung, das heißt, es werden die Produkte in einem Projekt betrachtet und nicht die Tätigkeiten. Durch Unterteilung eines Projekts in Managementphasen an Stelle von technischen Phasen wird die Lenkung des Projekts durch das Management ermöglicht.

Abgrenzung zu anderen Methoden

Zwei in Deutschland ebenfalls bekannte und verbreitete Projektmanagement-Modelle sind GPMA/IPMA und PMI. Im Gegensatz zu PRINCE2® arbeiten diese wissensbasiert, während PRINCE2® einen prozessorientierten Ansatz pflegt, bei dem Aufgaben und Verantwortungen jeder Rolle und deren Vorkommen in den einzelnen Projektmanagementprozessen genau definiert sind. Methoden wie GPMA/IPMA und PMI liefern eine umfangreiche Dokumentation, die neben Grundlagen- und Methodenkompetenzen (Ablauf- und Terminmanagement, Kostenmanagement u.a.) auch Informationen für den Aufbau sozialer (Kommunikation, Führung, Motivation u.a.) und organisatorischer (Qualitätsmanagement, Vertragsmanagement u.a.) Kompetenzen liefern.

PRINCE2® hingegen ist viel „schlanker“ konzipiert und beschränkt sich auf das Wann und Was im Projektmanagement. Das Wie wird den Unternehmen überlassen und gibt den Organisationen somit die Möglichkeit, bereits vorhandene Abläufe und Verfahrensweisen in die Methode einfließen zu lassen. Eine besondere Eigenschaft, die die Methode anpassungsfähig macht und daher branchenübergreifend genutzt werden kann.

Die Projektmanagement-Methode PRINCE2® ist zudem Teil eines Frameworks des Office of Government Commerce (OGC), das mit Best Practice-Methoden wie MSP® (Managing Successful Projects), M_o_R (Manangement of Risk) und ITIL® (IT Infrastructure Library) bereits andere bekannte Ansätze aus dem Bereich Programm- und Projektmanagement liefert.

Aufbau von PRINCE2

PRINCE2® ist eine Methode, d. h. es werden die wesentlichen Schritte im Projektmanagement (Prozesse) aufgeführt und eingehend beschrieben. Auch das Was und Warum etwas getan wird (Komponenten) und das Wie (Techniken) wird beschrieben. Zusätzlich stellt PRINCE2® seinen Anwendern ein umfangreiches Portfolio an Templates, Produkt- und Rollenbeschreibungen zur Verfügung.

Prozesse

Die Projektmanagement-Methode bietet acht Managementprozesse an, die in eine unterschiedliche Anzahl von Subprozessen unterteilt werden. Diese Prozesse laufen nicht immer hintereinander ab, sondern können durchaus parallel zu einander verlaufen. Die sieben Hauptprozesse bei PRINCE2® lauten:

  • Vorbereiten eines Projekts
  • Initiieren eines Projekts
  • Lenken eines Projekts
  • Managen der Phasenübergänge
  • Steuern einer Phase
  • Managen der Produktlieferung
  • Abschließen eines Projekts

Vorbereiten eines Projekts

Dieser Prozess geht der eigentlichen Projektarbeit voraus. Hier werden das Projektmandat empfangen und der Auftraggeber und der Projektmanager ernannt. Das Projektmanagementteam wird entworfen und ernannt. Die Projektbeschreibung wird vorbereitet, der Projektlösungsansatz definiert und die nachfolgende Initiierungsphase geplant.

Initiieren eines Projekts

Die Initiierungsphase stellt den ersten wirklichen Projektmanagement-Prozess dar. Hier finden detaillierte Planungen zur Qualität und zum Ablauf des Projekts statt. Der Business Case wird verfeinert und vorab identifizierte Risiken werden genauer definiert sowie das Projektleitdokument erstellt.

Planen

Der Planungsansatz bei PRINCE2® erfolgt produktbasiert und wird im Vorbereitungsprozess und im Management der Phasenübergänge verwendet. Er versorgt alle Projektbeteiligten mit Informationen darüber, was benötigt wird, wie und womit etwas erreicht werden soll. Verantwortlich für die Planung von Projekten ist nach PRINCE2® der Lenkungsausschuss. In der Praxis wird die Tätigkeit als solche jedoch vom Projektmanager übernommen und in Form von Empfehlungen an den Lenkungsausschuss weitergegeben. Zu den typischen Planungsaktivitäten zählen hier das Definieren und Analysieren von Produkten, das Identifizieren von Aktivitäten und Abhängigkeiten, das Schätzen von Aufwänden und die Erstellung von Zeitplänen.

Lenken eines Projekts

Für das Lenken von Projekten ist der Lenkungsausschusses zuständig. Wichtige Projektentscheidungen über Phasen und Ressourcenfreigaben werden hier getroffen. Die Lenkung heißt u.a. zu definieren, was für das Projekt benötigt wird und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen zu veranlassen. Auch die Kommunikation nach außen, an berechtigt interessierte externe Parteien, erfolgt in diesem Prozess.

Managen eines Phasenübergangs

PRINCE2® empfiehlt die Aufteilung eines Projekts in Managementphasen. Durch Unterteilung eines Projekts in Managementphasen zusätzlich zu technischen Phasen wird die Lenkung des Projekts durch das leitendende Management erleichtert. Die Aufteilung des Projekts in Managementphasen macht das Projekt „managebar“, indem Prüf- und Entscheidungspunkte gesetzt werden. Nach PRINCE2® sollte ein Projekt aus mindestens zwei Phasen bestehen:

  • Projektinitiierung
  • Das Projekt selbst

Der Prozess „Managen eines Phasenübergangs“ wird vom Projektmanager durchgeführt und erlaubt ihm die Planung der jeweils nächsten Managementphase am Ende der vorhergehenden Phase. Es werden gegebenenfalls Ausnahmepläne erstellt und der Projektplan und der Business Case aktualisiert. Berichte über die laufende Phase und der Plan der nächsten Phase werden an den Lenkungsausschuss weitergegeben und die Freigabe der nächsten Phase eingeholt.

Steuern einer Phase

Das Steuern einer Phase stellt das Tagesgeschäft des Projektleiters dar. Daher beschreibt dieser Prozess auch die Arbeit des Projektmanagers in Form von Freigaben für Arbeitspakete, Überwachen von Fortschritten, der Aufnahme und Prüfung offener Punkte, der Prüfung von Risiken, Toleranzen und Projektfortschritten. Voraussetzung für das Eintreten in diesen Prozess ist die Freigabe eines Phasenplans oder eines Ausnahmeplans durch den Lenkungsausschuss.

Managen der Produktlieferung

Ein Prozess wie das „Managen der Produktlieferung“ ermöglicht die kontrollierte Trennung von Projektmanagement und Produktbereitstellung. Der Prozess beinhaltet die Vergabe, Annahme und Abgabe von Arbeitspaketen. Die eigentliche Produktherstellung muss dabei nicht PRINCE2®-konform sein!

Abschließen eines Projekts

Zu einem geordneten Projektmanagement gehört auch ein ordentlicher Projektabschluss. Deshalb hat PRINCE2® den Prozess „Abschließen eines Projekts“ aufgestellt. Dieser Prozess stellt sicher, dass alle Produkte ausgeliefert und vom Kunden akzeptiert worden sind, und er umfasst das Auflösen des Projekts, die Identifikation und die Bewertung des Projekts. Ein ordentlicher Projektabschluss klärt, wann und wie der erwartete Nutzen des Projekts im Rahmen einer Projektrevision bewertet wird, da der Nutzen eines Projekts oft nicht direkt am Projektende messbar ist.

Themen

PRINCE2® kennt sieben Themen, die den Wissensgebieten im Projektmanagement entsprechen:
  • Business Case
  • Organisation
  • Qualität
  • Pläne
  • Risiken
  • Änderungen
  • Fortschritt

Die Themen erklären, warum etwas getan werden muss, und unterstützen die Projektmanagement-Prozesse.

Techniken

PRINCE2® hält insbesondere zwei Techniken im Projektmanagement für wichtig:

  • Produktbasierte Planung
  • Qualitätsprüfungstechnik

Produktbasierte Planungstechnik

PRINCE2® präferiert die produktbasierte Planung, das heißt, es werden primär die Produkte in einem Projekt betrachtet und nicht die Tätigkeiten. Der Erfolg eines Projekts wird bei PRINCE2® an der Übereinstimmung des Produkts mit den vorab festgelegten Anforderungen gemessen. Ein wesentlicher Aspekt beim Projektmanagement nach PRINCE2® ist daher die Definition dessen, was geliefert werden soll. Es entstehen Beschreibungen der geforderten Produkte, für die Erstellung der Produkte benötigte Fähigkeiten werden deutlich und messbare Aussagen über die Anforderungen an ein Produkt gemacht.

Qualitätsprüfungstechnik

Eine Qualitätskontrolle ist notwendig, um sicherzustellen, dass die erstellten Produkte die Kundenanforderungen erfüllen. Sie ermöglicht die frühzeitige Erkennung von fehlerhaften Produkten und die rechtzeitige Einleitung von Korrekturmaßnahmen. Kosten, die durch nachträgliche Änderungen am Produkt entstehen, können so z.B. eingespart werden. Durch Qualitätskontrollen können der objektive Status und die Qualität des Produkts gemessen werden.

Ausbildung und Zertifizierung

Ausbildungsstufen

Um PRINCE2® erfolgreich anwenden zu können, ist eine Ausbildung nötig. Diese Ausbildung besteht aus zwei Stufen, der Foundation- und der Practitioner-Ausbildung. Beide Stufen werden mit einer Prüfung abgeschlossen: bei der Foundation ist es ein einstündiger Multiple-Choice-Test; bei der Practitioner-Stufe ist es ein zweieinhalbstündiger Multiple-Choice-Test, hier ist allerdings der Einsatz des PRINCE2®-Manuals erlaubt.

Die Ausbildung ist bei PRINCE2® streng geregelt. Nur akkreditierte Trainingsorganisationen dürfen in Deutschland Personen ausbilden und gemäß den Richtlinien der APMG prüfen.

Zielgruppen & Voraussetzungen

Für Unternehmen und Privatpersonen sollte am Anfang immer die Frage stehen: „Was will ich mit einer Ausbildung erreichen?“

Möchten Sie, dass Ihre Mitarbeiter einen Einblick in und ein grundlegendes Verständnis für die Methode bekommen, dann genügen PRINCE2® Foundation-Veranstaltungen, ggf. auch ohne Zertifizierung. Diese Ausbildung kann in zwei bis drei Tagen erfolgen.

Möchten Sie, dass ein Mitarbeiter später auch PRINCE2® Practitioner oder höher zertifiziert wird und im Anschluss an die Ausbildung Projekte nach PRINCE2® managen soll, so ist eine Foundation-Zertifizierung unabdingbar, denn diese ist Voraussetzung für den Zugang zur PRINCE2® Practitioner-Ausbildung, in der die Anwendung der Methode unter Verwendung ihrer Hilfsmittel und Techniken vermittelt wird.

PRINCE2® Foundation PRINCE2® Practitioner
Zielgruppe Projektmitarbeiter/-innen
Teilprojektleiter/-innen
Projektleiter/-innen
Management
Projektmitarbeiter/-innen Projektleiter/-innen
Teilprojektleiter/-innen
Voraussetzung Keine PRINCE2® Foundation-Zertifikat (APMG)
Dauer 2-3 Tage 2-3 Tage
Inhalt Grundausbildung;  Handwerkszeug und die Grundbegriffe des professionellen Projektmanagements nach PRINCE2® PRINCE2® im Detail, Übungen, Praxisbeispiele, Prüfungs-vorbereitung
Zertifizierung PRINCE2® Foundation-Zertifikat (APMG) PRINCE2® Practitioner-Zertifikat  (APMG)

Tabelle: Übersicht PRINCE2®-Ausbildung

Literaturhinweise

„Erfolgreich Projekte managen mit PRINCE2TM“ / OGC. – London: TSO, 2009. –  377 S. – ISBN 978-0-11-331214-6

Die QRP zeichnet sich durch ein überdurchschnittlich hohes Engagement aus, wenn es darum geht, das Maximum aus einer Organisation herauszuholen. Die fachliche Kompetenz der Berater und die Professionalität in der Umsetzung auf der einen Seite sowie entspannte, kollegiale Atmosphäre auf der anderen Seite ermöglichen eine tolle, synergieeffiziente Zusammenarbeit. Das kompakte Know-how wird nachhaltig und verbindlich auf alle Mitarbeitenden übertragen und in den Unternehmensalltag transferiert! Eben Wertschöpfung auf der ganzen Linie!

Jörg Friedl; Leiter Projekt Management Office (PMO) / badenIT GmbH